Ein anonymer Vergleich zwischen den Top-Herstellern und -Lieferanten
Der Einfluss der Automobilbranche auf die Umwelt und die Gesellschaft ist enorm. Die Akteure dieses Sektors tragen eine hohe Verantwortung, die es auf ökologischer, sozialer, finanzieller sowie Produktebene zu managen gilt. Herausforderungen wie der voranschreitende Klimawandel, Trends wie der Wegfall des Individualverkehrs sowie der technologische Fortschritt sind Einflussfaktoren, die Druck auf die Branche ausüben. Der folgende Beitrag betrachtet, inwiefern die Top-Player der Branche innerhalb ihrer jüngsten CSR-Berichte diese und weitere Nachhaltigkeitsthemen adressieren.
Allgemeine Fakten
Nachfolgend betrachtet werden die Top Fünf der Automobilhersteller (OEMs) sowie die Top Zehn-Lieferanten (je nach Umsatz bezogen auf das Jahr 2019):
- Fakten OEMs:
- Gesamtumsatz: ca. 860 Mrd. € (kumuliert)
- Beschäftigung: ca. 1,7 Mio. Arbeitnehmer*innen (kumuliert)
- Alle Unternehmen sind börsennotiert
- Fakten Lieferanten:
- Gesamtumsatz: ca. 333 Mrd. € (kumuliert)
- 80% der Unternehmen sind börsennotiert
Insbesondere in den Daten der OEMs spiegelt sich die eingangs erwähnte Verantwortung der Branche wider.
Überblick zur Rahmenwerksnutzung
Für diesen Benchmark wurden jeweils die aktuellsten Nachhaltigkeitsberichte der betrachteten Unternehmen analysiert. Im Vergleich zeigt sich, dass das Rahmenwerk der Global Reporting Initiative (GRI) das beliebteste ist, welches insb. bei den fünf größten Herstellern zum Einsatz kam(vgl. Abb. 1). Bei den Lieferanten fällt das Bild nicht ganz so deutlich aus, dennoch nutzten 60% den Berichtsstandard GRI. Drei Unternehmen legten ihre nichtfinanziellen Informationen im Rahmen eines integrierten Berichts offen, weshalb sie sich an den Standard des IIRC (International Integrated Reporting Council) orientierten (vgl. Abb. 2).
Abb. 1: Rahmenwerksnutzung für Nachhaltigkeitsberichtserstellung der Top Fünf-OEMs (eigene Darstellung) – Bedeutung „GRI-referenziert“: hierbei wird sich am GRI-Standard orientiert, jedoch werden die GRI-Vorgaben nicht komplett erfüllt
Abb. 2: Rahmenwerksnutzung für Nachhaltigkeitsberichtserstellung der Top Zehn-Automotive Lieferanten (eigene Darstellung)
Außerdem wurden oftmals weitere Rahmenwerke zur Offenlegung der Nachhaltigkeitsthemen in den Reporting-Prozess integriert bzw. innerhalb des Berichts referenziert. Einen Überblick hierzu liefern Abb. 3 und Abb. 4.
Abb. 3: Referenzierte Standards im Rahmen des Nachhaltigkeitsberichts der Top Fünf-OEMs (eigene Darstellung)
Abb. 4: Referenzierte Standards im Rahmen des Nachhaltigkeitsberichts der Top Zehn-Automotive Lieferanten (eigene Darstellung)
Vergleich der kommunizierten Nachhaltigkeitsthemen
Bei Durchsicht der CSR-Berichte dominieren einige Nachhaltigkeitsthemen ganz klar, wobei Überraschungen ausbleiben. Die Begrifflichkeiten und exakten Bezeichnungen der Aspekte differieren von Unternehmen zu Unternehmen. Gleiches gilt für die jeweiligen Ansätze zur Ermittlung der wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen und die strategischen sowie operativen Ansätze zur Umsetzung. Auf abstrakter Ebene lassen sich die kommunizierten nichtfinanziellen Informationen jedoch wie folgt zusammenfassen:
Top Fünf-OEMs:
- Ökologische Ebene: Klimawandel bzw. Emissionen einschließlich „Decarbonization“-Strategien, Energie, Ressourcen- und Materialeinsatz, Wassermanagement, Abfallmanagement
- Soziale Ebene: Menschenrechte, Arbeitnehmer*innengesundheit & -sicherheit, Kundengesundheit & -sicherheit, Weiterbildung, Diversität, Arbeitgeberattraktivität
- Produktebene: Alternative und elektrifizierte Antriebe, Verkehrs- und Produktsicherheit, Digitalisierung und autonomes Fahren, neue Mobilitätskonzepte
- Ökonomische Ebene: Compliance, Governance, Anti-Korruption, Risikomanagement, finanzielle Performance
Bei den Top Zehn-Lieferanten verhält es sich sehr ähnlich, insb. die Nachhaltigkeitsthemen Produkt- und Verkehrssicherheit, Digitalisierung und Datenschutz sowie Emissionen, Energie, Low-Carbon Mobility, Abfallmanagement und Wassermanagement stehen weit oben auf der Agenda, wohingegen die sozialen Aspekte im Mittel nicht so stark gewichtet wurden wie bei den Automobilherstellern. Dennoch stehen auch hier Nachhaltigkeitsthemen wie Menschenrechte, Gesundheit & Sicherheit, Weiterbildung, Arbeitgeberattraktivität sowie Diversität im Fokus.
Die GRI-Indizes der Unternehmen, die nach GRI berichteten, untermauern die o. g. Angaben nochmals (vgl. Abb. 5, 6 und 7).
Abb. 5: Anteil der Automotive-Unternehmen, die nach GRI über ökologische Nachhaltigkeitsthemen berichteten (eigene Darstellung)
Abb. 6: Anteil der Automotive-Unternehmen, die nach GRI über soziale Nachhaltigkeitsthemen berichteten (eigene Darstellung)
Abb. 7: Anteil der Automotive-Unternehmen, die nach GRI über ökonomische Nachhaltigkeitsthemen berichteten (eigene Darstellung)
Please note: Bei diesen drei Abbildungen wurden diejenigen OEMs und Lieferanten zusammengenommen betrachtet, die 2019/2020 nach GRI berichteten. Das entspricht elf von insgesamt 15 analysierten Konzernen.
Fazit
Wie bereits erwähnt, bleiben Überraschungen hinsichtlich der adressierten Nachhaltigkeitsthemen aus. Auf Grund wachsender Herausforderungen und sich abzeichnender Trends ergeben sich zwangsläufig zu managende Aspekte wie Emissionen, Energie, autonomes Fahren und Digitalisierung, neue Mobilitätskonzepte, Produkt- und Verkehrssicherheit, usw. Insbesondere im Hinblick auf den technologischen Wandel gilt es, sich entsprechend zu positionieren sowie gegen neue Konkurrenten aus bisher branchenfremden Sektoren zu behaupten, was in der Wirkungskette natürlich auch die Lieferanten betrifft.
Auffällig ist, dass die Wesentlichkeitsanalysen ganz individuell durchgeführt wurden. Die eigentliche GRI-Vorgabe ist, sowohl die Relevanz der ökologischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Auswirkungen als auch deren Einfluss auf die Entscheidungen der Stakeholder darzustellen (vgl. GRI 2016: GRI Standard 101, S. 18). Durch mangelnde Verpflichtungen und Ressourcen ist eine Kontrollierbarkeit der Durchführung nicht möglich. Die Wesentlichkeitsprozesse fallen außerdem auf Grund des Interpretationsspielraums sehr unterschiedlich aus. Kein Unternehmen hält sich wirklich an die Intention der GRI.
Positiv ist, dass die betrachteten Automotive-Konzerne ökologisch und sozial relevante Nachhaltigkeitsthemen kommunizieren sowie Klimaneutralitätsstrategien aufgesetzt haben. Dies zeigt sich beispielsweise in der von einigen praktizierten Anwendung des Rahmenwerks TCFD (Task force for Climate-related Financial Disclosures) (vgl. Abb. 1 und Abb. 2). Dieses fordert unter anderem, Szenario-Analysen durchzuführen und die Ergebnisse zu kommunizieren.
Jüngere Vorfälle wie Abgasskandale oder auch die fortdauernde Produktion immer größer (insb. SUV’s) und schneller werdender Autos (Stichwort: „Rebound“-Effekte) sind mit Blick auf den Nachhaltigkeitsgedanken jedoch kritisch zu betrachten. Die erwähnten Aspekte wie beispielsweise Verkehrssicherheit oder auch Klimaneutralität wirken in diesem Zuge unglaubwürdig.
Es scheint, als sei das Thema Nachhaltigkeit (noch) Randthema und finde nur gelegentlich Einzug ins Kerngeschäft.
Es ist davon auszugehen, dass Unternehmen der Automotive-Branche mit Hochdruck daran arbeiten, das Kerngeschäft „Mobilität“ zukünftig zu transformieren (Trend: Wegfall des Individualverkehrs, autonomes Fahren, Digitalisierung, usw.). An dieser Stelle wird es wichtig werden, den Nachhaltigkeitsaspekt mit zu denken und zu analysieren, wie ökologische und soziale Verantwortung ernsthaft in das Kerngeschäft integriert werden kann.
Ein wichtiger (Zwischen-)Schritt in Bezug auf Nachhaltigkeitsmanagement und -reporting ist unseres Erachtens nach die seriöse Auseinandersetzung mit dem Thema „Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft“. Das heißt, Hersteller und Lieferanten sollten analysieren, in welchen Bereichen sich ihr unternehmerisches Handeln positiv wie negativ auf Umwelt sowie Gesellschaft auswirkt und wo es die Entscheidungen der zentralen Stakeholder beeinflusst. Insbesondere die negativen Auswirkungen müssen klar adressiert werden, wodurch Core Business und Geschäftsmodell mit entsprechenden Maßnahmen in eine sozial- und umweltverträgliche Richtung gelenkt werden können.
Please note: die DFGE übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
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