2014 wurde auf EU-Ebene die sog. CSR-Richtlinie verabschiedet, deren Ziel es ist, die Transparenz hinsichtlich nichtfinanzieller Aspekte von großen kapitalmarktorientierten Unternehmen zu erhöhen. In Deutschland wurde die CSR-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt (sog. CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz), welches für betroffene Konzerne seit dem Geschäftsjahr 2017 verpflichtend auf Lageberichte anwendbar ist. Der folgende Blog-Beitrag stellt die gesetzlichen Bestimmungen überblickend dar und setzt diese in Kontext mit den drei renommierten Nachhaltigkeitsstandards des UN Global Compacts (UNGC), des deutschen Nachhaltigkeitskodexes (DNK) sowie der Global Reporting Initiative (GRI).
Überblick zu den gesetzlichen Bestimmungen
Durch das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz wurden insb. im Handelsgesetzbuch (HGB) einige Paragraphen aktualisiert bzw. neu hinzugefügt.
- §289b HGB sind kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften (u. a. auch Kreditinstitute sowie Finanzdienstleistungs- und Versicherungsunternehmen) mit mehr als 500 Arbeitnehmer*innen unter bestimmten Voraussetzungen dazu verpflichtet, ihren Lagebericht um eine sog. nichtfinanzielle Erklärung (NFE) zu erweitern.
- § 289c Abs. 1 und 2 HGB sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:
- Angaben zum Geschäftsmodell
- Umweltbelange (z. B. Emissionen, Energie, Wasserverbrauch, Biodiversität)
- Arbeitnehmer*innenbelange (z. B. Gleichheit, Arbeitsbedingungen, sozialer Dialog)
- Sozialbelange (z. B. lokale Gemeinschaften)
- Achtung der Menschenrechte
- Anti-Korruption und Bestechung
- Es gilt das sog. „comply or explain“-Prinzip, d. h. soweit keine Angaben gemacht werden, muss das Unternehmen offenlegen, warum zu den entsprechenden Aspekten keine Inhalte geliefert werden können
- 289c Abs. 3 HGB regelt Erläuterungen und Ergänzungen, die bzgl. o. g. Aspekte zu tätigen sind: u. a. Managementkonzepte, interne Prüfprozesse (Due Diligence), Risiken, Leistungsindikatoren
- § 289d HGB ist die Zuhilfenahme von Rahmenwerken gestattet, jedoch nicht zwingend erforderlich
- Nachteilige Angaben können unter den Voraussetzungen des § 289e HGB weggelassen werden
- Veröffentlichung der nichtfinanziellen Angaben:
- Im Lagebericht
- Durch gesonderten Nachhaltigkeitsbericht, der zeitgleich mit dem Lagebericht nach § 325 HGB im Bundesanzeiger veröffentlicht werden kann
- Durch gesonderten Nachhaltigkeitsbericht, der spätestens nach vier Monaten ab Abschlussstichtag im Internet veröffentlicht werden muss, sofern im Lagebericht Bezug dazu genommen wird
Aus Gesetz resultierende Vor- und Nachteile
Vorteile:
- Rechtliche Verpflichtung für einen bestimmten Adressatenkreis zur Offenlegung nichtfinanzieller Informationen
- Dadurch erhöhte Wichtigkeit von Nachhaltigkeitsberichterstattung und dahinterstehenden Zielen, Prozessen und Maßnahmen
- Auf Grund der Transparenzanforderungen werden auch Lieferanten und kleinere Unternehmen in die Pflicht zur Offenlegung nichtfinanzieller Informationen genommen: Thema erfährt somit insgesamt noch breitere Relevanz
Nachteile:
- Wird oftmals als „Compliance“-Übung gesehen, da nur Mindestanforderungen erfüllt werden
- Nicht gemachte Angaben oder Nicht-Einhaltung der Gesetze werden nicht flächendeckend überprüft
- (Potentielle) Überforderung der Lieferanten, die der Transparenzverpflichtung ihrer Kunden auf Grund mangelnder Ressourcen nicht nachkommen können
Die betrachteten Rahmenwerke im Kurzüberblick
- UN Global Compact:
- Weltgrößte Nachhaltigkeitsinitiative mit mehr als 15.000 Teilnehmern (vgl. UNGC, 2020)
- Durch Teilnahmeerklärung verpflichten sich Unternehmen zur jährlichen Abgabe eines Nachhaltigkeits- bzw. Fortschrittsberichts (sog. CoP = Communication on Progress), der die Leistungen und Verbesserungen in den Bereichen Menschenrechte, Arbeitnehmer*innenrechte, Umwelt sowie Anti-Korruption darstellen soll
- DNK:
- Gliederung in 20 Kriterien: u. a. Strategie, Wesentlichkeit, Ziele, Wertschöpfungskette, Emissionen, Arbeitnehmer*innenrechte, Menschenrechte, usw.
- Hilft insb. mittelständischen Unternehmen bei der Definition einer Nachhaltigkeitsstrategie sowie konsequenten Umsetzung und Verbesserung des Nachhaltigkeitsmanagements
- GRI:
- Weltgrößtes Rahmenwerk für die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts
- Gliederung in allgemeine Informationen und Themenstandards: Ökonomie, Ökologie und Soziales
- Identifizierte wesentliche Themen müssen mit dazugehörigem Managementansatz kommuniziert werden
UNGC, DNK und GRI im Kontext der CSR-Richtlinie
Insbesondere bei GRI und dem DNK handelt es sich um sehr umfangreiche Nachhaltigkeitsrahmenwerke, die auf Grund ihrer Tiefe die geforderten Inhalte der CSR-Richtlinie gut abdecken. Dies gilt auch für die Regelungen bzgl. Managementkonzepte, interner Prüfprozesse (vgl. GRI Standard 103, 103-3 a-i)) und Risiken, die in Verbindung mit der Geschäftstätigkeit stehen und Auswirkungen auf die identifizierten nichtfinanziellen Aspekte haben. Das DNK-Büro bietet außerdem an, die Erfüllung der Berichtspflicht bzw. die eingereichte NFE auf formelle Vollständigkeit zu prüfen (siehe Homepage DNK).
UNGC deckt insb. die in § 289c Abs. 2 HGB genannten Aspekte durch seine Prinzipien ab, fordert theoretisch aber keine tiefgreifenden Details zu Managementkonzepten, internen Prüfprozessen, Umgang mit Risiken, usw. Dadurch würde ein Bericht mit Angaben zu Maßnahmen und Zielen oder Leistungsindikatoren bzgl. der jeweiligen Aspekte zwar die Bestimmungen des UNGC einhalten, jedoch nicht die gesetzlichen Regelungen. Dennoch kann das Rahmenwerk als Unterstützung gewählt werden, sofern der Fortschrittsbericht die gesetzlich geforderten Angaben enthält.
Unter den DAX160-Unternehmen (DAX, SDAX, MDAX, TecDAX, usw.) war im Jahr der Erstanwendung des Gesetzes insb. die Nutzung von GRI klarer Favorit (vgl. Abb. 1).
Abb. 1: Rahmenwerksnutzung der DAX160-Unternehmen nach Erstanwendung des CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes (Eigene Darstellung in Anlehnung an PwC-Studie 2018, S. 25)
Verhältnis von UNGC, DNK und GRI zur CSR-Richtlinie
In Bezug auf die inhaltlichen Ausgestaltungen soll nachfolgende Tabelle abschließend einen groben Überblick über das Verhältnis der betrachteten Rahmenwerke zu dem verabschiedeten Gesetz geben (vgl. Tab. 1 und Tab. 2).
Inhaltliche Anforderungen gem. § 289c Abs. 2 HGB | UNGC | DNK | GRI |
Umweltbelange | Prinzipien 7-9 | Kriterien 11-13 | GRI Standards: 300er Reihe |
Arbeitnehmer*innenbelange | Prinzipien 3-6 | Kriterien 14-16 | GRI Standards 401 bis 409 |
Sozialbelange (z. B. lokale Gemeinschaften) | Nicht explizit gefordert | Kriterium 18 | GRI Standard 413 |
Achtung der Menschenrechte | Prinzipien 1-2 | Kriterium 17 | GRI Standards 410 bis 412 |
Anti-Korruption | Prinzip 10 | Kriterium 20 | GRI Standard 205, 206 |
Tab. 1: Inhaltliche Anforderungen an nichtfinanziellen Aspekten des CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes im Verhältnis zu Ausgestaltungen von UNGC, DNK und GRI (eigene Darstellung; Angaben ohne Gewähr)
Inhaltliche Anforderungen gem. § 289c Abs. 3 HGB | UNGC | DNK | GRI |
Managementkonzepte inkl. Ergebnisse | Nicht explizit gefordert | Expliziter Leitfaden (Reiter „CSR-RUG“) für entsprechende Kriterien | GRI Standard 103 |
Interne Prüfprozesse | Nicht explizit gefordert | Expliziter Leitfaden (Reiter „CSR-RUG“) für entsprechende Kriterien | GRI Standard 103-3-a-i) |
Risiken in Verbindung mit Geschäftstätigkeit inkl. Handhabung | Nicht explizit gefordert | Expliziter Leitfaden (Reiter „CSR-RUG“) für entsprechende Kriterien | Laut GRI ist über Auswirkungen zu berichten |
Risiken in Verbindung mit Produkten und Dienstleistungen inkl. Handhabung | Nicht explizit gefordert | Expliziter Leitfaden (Reiter „CSR-RUG“) für entsprechende Kriterien | Laut GRI ist über Auswirkungen zu berichten |
Leistungsindikatoren | Erforderlich | Durch jeweiliges Kriterium abgedeckt | Durch jeweiligen GRI Standard abgedeckt |
Tab. 2: Inhaltliche Anforderungen an geschäftsrelevante Angaben in Verbindung mit nichtfinanziellen Aspekten des CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes im Verhältnis zu Ausgestaltungen von UNGC, DNK und GRI (eigene Darstellung; Angaben ohne Gewähr)
Meinung der DFGE
Die Nutzung eines renommierten Rahmenwerks ist sehr empfohlen (insb. DNK oder GRI), da sie bei entsprechendem Umfang den gesetzlichen Ansprüchen genügen. Außerdem sind diese Standards sehr hilfreich bei der Umsetzung, Strukturierung und Verbesserung des Nachhaltigkeitsmanagements, das bestenfalls in Kerngeschäft und Geschäftsmodell integriert werden sollte. Dies gilt nicht nur für Unternehmen, die offenlegungspflichtig gemäß HGB sind, sondern auch für mittelständische Unternehmen und Lieferanten.
Sofern Sie Interesse an einem Austausch zu diesem Thema haben, Unterstützung bei der Einhaltung der CSR-Richtlinie oder Hilfe bei der Kommunikation Ihrer Nachhaltigkeitsleistungen durch Standards wie UNGC, DNK oder GRI benötigen, kontaktieren Sie uns gerne per Mail () oder telefonisch unter der 49 8192 99733-20.