Mit der geplanten Omnibus-Verordnung verändern sich die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Dieser Beitrag analysiert die Bedeutung des Voluntary Sustainability Reporting Standard for SMEs (VSME) als freiwillige Alternative zum European Sustainability Reporting Standard (ESRS) für KMU, erläutert seinen Aufbau und zeigt auf, welche strategischen Vorteile sich daraus für Unternehmen ergeben.
VSME im Kontext von CSRD und Omnibus-Verordnung
Im Zuge der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) werden Unternehmen verpflichtet, über ihre Nachhaltigkeitspraktiken zu berichten. Der VSME wurde parallel von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) entwickelt, mit dem Ziel nicht-berichtspflichtigen KMU eine freiwillige und praxisorientierte Grundlage für die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu bieten. Der Standard soll KMU dabei helfen, ihre Nachhaltigkeitsziele und -Leistungen transparent zu kommunizieren und somit ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
Mit den angestrebten Gesetzesvorschlägen der Omnibus-Verordnung, die am 26. Februar 2025 vorgestellt wurden, strebt die EU-Kommission nun eine Vereinfachung und Harmonisierung bestehender Vorschriften an, worunter auch Anpassungen der CSRD fallen werden. Nach dem aktuellen Entwurf sollen künftig nur noch Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitenden verpflichtet sein, die Berichtsanforderungen der CSRD zu erfüllen. Dies bedeutet eine enorme Reduzierung des Anwendungsbereichs: laut EU-Kommission wären nur noch 20% der Unternehmen, die ursprünglich von der CSRD betroffen waren, berichtspflichtig. Ein Großteil der KMU, insbesondere börsennotierte KMU, würde damit aus der Berichtspflicht herausfallen und müssen nicht mehr nach dem LSME-Standard (Listed SMEs Sustainability Reporting Standard) berichten.
Als alternativer Berichtsstandard zum ESRS für nicht-berichtspflichtige KMU wird der VSME-Standard voraussichtlich in einer überarbeiteten Version als freiwilliger, delegierter Rechtsakt veröffentlicht. In diesem Rahmen soll eine geplante Value-Chain-Cap die Informationsanforderungen an nicht-berichtspflichtige Unternehmen auf die Inhalte des VSME-Standards begrenzen. Dies soll den Trickle-Down-Effekt reduzieren – die indirekte Weitergabe von Berichtspflichten entlang der Lieferkette – und soll verhindern, dass KMU trotz fehlender direkter Verpflichtung zur CSRD-Berichterstattung durch Anforderungen großer Unternehmen unverhältnismäßig belastet werden. Ausnahmen könnten jedoch für bestimmte Branchen gelten, in denen detailliertere Nachhaltigkeitsangaben weiterhin erforderlich sind.
Somit kombiniert der VSME die Begrenzung der Berichterstattungsanforderungen aus der Lieferkette mit wirtschaftlichen Vorteilen der freiwilligen Nachhaltigkeitsberichterstattung, wodurch eine zunehmende Relevanz und breitere Anwendung dieses Standards erwartet werden kann.
Kernaspekte des VSME
Der VSME-Standard ist zweistufig aufgebaut und deckt verschiedene ESG-Themen ab. KMU können je nach Relevanz und Ressourcen entscheiden, welche Module sie anwenden möchten, was Flexibilität und Anpassungsfähigkeit gestattet. Im Vergleich zum ESRS-Standard, welcher die Umsetzung der CSRD gestaltet, umfasst der VSME deutlich weniger Berichtspunkte, was den Berichtsaufwand reduziert.
Zudem verpflichtet der ESRS zu einer doppelten Wesentlichkeitsanalyse (DMA), während der VSME dem „If Applicable“-Prinzip folgt, bei welchem Offenlegungspflichten nur greifen, wenn sie für das Unternehmen relevant sind. Da die Unternehmen selbst für die Bewertung der Anwendbarkeit verantwortlich sind, kann eine anforderungsreduzierte DMA dennoch sinnvoll sein, um die relevanten Themen systematisch zu analysieren und transparent zu dokumentieren. Auch die Angabe von Scope 3 Emissionen ist im VSME nicht verpflichtend. Unternehmen können die Angaben trotzdem freiwillig nach dem VSME-Standard ergänzen und wirtschaftliche Vorteile der freiwilligen Berichterstattung nutzen:
- Erhöhte Transparenz und Glaubwürdigkeit: Transparente und standardisierte ESG-Berichterstattung stärkt das Vertrauen von Stakeholdern
- Stärkere Marktpräsenz und Wettbewerbsfähigkeit: Unternehmen profitieren von einer gesteigerten Sichtbarkeit und Glaubwürdigkeit, insbesondere in umweltbewussten Märkten
- Bessere Finanzierungsmöglichkeiten: Laut EFRAG kann ESG-Berichterstattung zu Kredit-Zinsvorteilen von bis zu 30 BP führen („lending for sustainable investment“)
- Nachhaltigkeitsberichterstattung als Managementinstrument: Systematische VSME-Integration fördert nachhaltige Strategien im Unternehmen, verbessert Ressourceneinsatz und erkennt Risiken frühzeitig
- Reduzierte Umsetzungskosten: Durch die Flexibilität des Standards können Umsetzungskosten für Unternehmen erheblich gesenkt werden.
Aufbau des VSME
Der VSME besteht aus zwei aufeinander aufbauenden Modulen: dem Basic Module (B) und dem Comprehensive Module (C). Das Basic Module ist die Einstiegsbasis für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von KMUs und umfasst folgende Mindestangaben:
- Allgemeine Informationen zum Unternehmen und zu Nachhaltigkeitspraktiken, -Richtlinien, -Maßnahmen und -Zielen
- Grundlegende Berichterstattung zu Umwelt-, Sozialen-, und Governance-Metriken
Das Comprehensive Module ist für KMUs konzipiert, die erweiterte Nachhaltigkeitsanforderungen erfüllen möchten oder müssen.
- Es umfasst detaillierte Offenlegungen, darunter Umweltthemen wie Klimarisiken, Treibhausgas-Reduktionszielen oder freiwillige Angaben zu Scope-3-Emissionen. Aber auch Ergänzungen von sozialer und Governance-Berichterstattung werden miteinbezogen, inklusive Themen wie Geschlechterdiversität oder Menschenrechten.
Weitergehende Informationen zum Aufbau und den Änderungen der aktuellen VSME-Version finden Sie in unserem Blog-Beitrag CSRD for small- and medium-sized companies.
Ausblick & Handlungsempfehlungen für KMU
Die verzögerte Umsetzung der CSRD in deutsches Recht sowie die Änderungen durch die Omnibus-Verordnung führen bei vielen Unternehmen zu Verunsicherung. Dennoch ist es wichtig zu handeln und die Vorteile von Nachhaltigkeitsberichterstattung zu nutzen, während finale Beschlüsse der EU-Kommission abgewartet werden müssen.
Es gibt eine Reihe an Handlungsempfehlungen, die dem Unternehmen sofortigen Mehrwert bieten und mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer zukünftigen Berichtspflicht wiederverwendbar sind (No-Regret-Moves). Diese Schritte stärken nicht nur die strategische Ausrichtung, sondern verschaffen Unternehmen auch einen Wettbewerbsvorteil in einem zunehmend regulierten Markt. Dazu gehören insbesondere:
- Überarbeitung von Nachhaltigkeitsstrategien inkl. Durchführung einer (anforderungsreduzierten) Wesentlichkeitsanalyse, um zentrale Nachhaltigkeitsthemen frühzeitig zu identifizieren
- Erstellung eines freiwilligen Nachhaltigkeitsberichts (nach VSME- oder GRI-Standard), um eine solide Grundlage für künftige Offenlegungspflichten zu schaffen und Lieferkettenanforderungen für Berichterstattung zu erfüllen
- Enge Abstimmung mit Wirtschaftsprüfer*innen in jedem Schritt der Berichtserstattung
Unterstützung durch die DFGE
Unabhängig vom weiteren Verlauf des Omnibus-Prozesses steht die DFGE Unternehmen schon jetzt beratend zur Seite, um die Anforderungen der CSRD und der EU-Taxonomie zu erfüllen. Wir bieten umfassende Unterstützungsleistungen an – von der Datenerhebung und -Sammlung bis hin zu der finalen Berichterstattung und Entwicklung passender Strategien, Maßnahmen und Ziele. Die DFGE begleitet Sie zudem bei der Berechnung von CO2 Emissionen, dem Setzen von Klimazielen oder der Entwicklung einer Klimastrategie.
Kontaktieren Sie uns jederzeit via Mail oder Telefon +49 8192-99733-20.
Quellen:
- Deutscher Industrie- und Handelskammertag. (2025, 26. Februar). EU-Kommission legt Omnibus-Pakete I und II vor. DIHK. https://www.dihk.de/de/eu-kommission-legt-omnibus-pakete-i-und-ii-vor-129480
- Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V. (2025, 27. Februar). Omnibus-Initiative zur Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung veröffentlicht. DRSC. https://www.drsc.de/news/omnibus-initiative-zur-vereinfachung-der-nachhaltigkeitsberichterstattung-veroeffentlicht/
- Europäische Kommission. (2025, 26. Februar). Kommission vereinfacht Vorschriften für Nachhaltigkeit und EU-Investitionen und erzielt Einsparungen von über 6 Milliarden Euro. Europäische Kommission https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_25_614
- European Commission. (n.d.). Omnibus I. European Commission. https://commission.europa.eu/publications/omnibus-i_en
- European Financial Reporting Advisory Group. (2024, 22. Januar). Exposure drafts for LSME and VSME. EFRAG. https://efrag-website.azurewebsites.net/lab9
- European Financial Reporting Advisory Group. (2024, Januar). Exposure Draft: European Sustainability Reporting Standard für börsennotierte KMU (ESRS LSME ED). EFRAG. https://www.efrag.org/sites/default/files/sites/webpublishing/SiteAssets/ESRS%20LSME%20ED.pdf
- European Financial Reporting Advisory Group. (n.d.). EFRAG Lab9. EFRAG. https://efrag-website.azurewebsites.net/lab9?AspxAutoDetectCookieSupport=1
- European Financial Reporting Advisory Group. (n.d.). VSME standard. EFRAG. https://www.efrag.org/sites/default/files/sites/webpublishing/SiteAssets/VSME%20Standard.pdf
- Haufe Online Redaktion. (2025, 26. Februar). Omnibus-Verordnung: Entwurf mit weitreichenden Änderungen an CSRD, EU-Taxonomie und CSDDD veröffentlicht. Haufe. https://www.haufe.de/finance/jahresabschluss-bilanzierung/omnibus-verordnung-nachhaltigkeit_188_643014.html
- KPMG. (2025). ESRS & EU Omnibus. KPMG. https://kpmg.com/xx/en/our-insights/ifrg/2025/esrs-eu-omnibus.html