Einführung
Die Ende Juli 2025 von der EFRAG veröffentlichten Entwürfe zu den geänderten ESRS-Standards geben erste Einblicke, wie die Anforderungen für CSRD-pflichtige Unternehmen künftig gestaltet sein könnten. Berichtsvorschriften und -umfänge wurden über alle Querschnittsstandards (ESRS 1 und ESRS 2) sowie innerhalb der thematischen Standards (E1–E5, S1–S4, G1) deutlich, z.T. um mehr als die Hälfte der bisher geforderten Datenpunkte gekürzt.
Einen allgemeinen Überblick zu den wichtigsten Änderungen und einer DFGE-Bewertung, sowie einen Deep-Dive zu den Umweltstandard E1 finden Sie bereits hier in unseren letzten Blogbeiträgen:
- ESRS Revision July 2025 – Überblick
- ESRS Revision July 2025 – Standard E1 – Wichtige Entwurfsänderungen
Dass die Themen aus dem Sozialstandard „S1 – eigene Belegschaft“ nahezu unabhängig von der Unternehmensgröße in den meisten Fällen materiell sind, und in allen Branchen gleichermaßen berichtet werden, belegen bereits mehrere Studien, beispielsweise von DRSC und Deloitte. Daher wird im Folgenden Artikel eine Detailanalyse zu den vorläufigen Änderungen in diesem Bereich vorgestellt: Welche Datenpunkte werden reduziert, wie soll künftig berichtet werden?
Wesentliche Änderungen im Standard „S1 – Eigene Belegschaft“
Der überarbeitete Standard S1 „Eigene Belegschaft“ weist konkret eine Reduzierung um 53% der Datenpunkte auf. Zusätzlich wird die Gesamtwortzahl um knapp zwei Drittel gesenkt. Der Ansatz zur Vereinfachung der Sozialstandards umfasst allgemein drei Aspekte:
- Erstens erfolgte eine erhebliche Reduzierung (>60 %) der narrativen Angaben und die Umstellung auf ein prinzipienbasiertes System für die gemeinsamen Angaben (d. h. DR 1 bis 4). Während in der Vergangenheit noch ein „rules-based“ Ansatz sehr genau vorgegeben hat, was und wie berichtet werden muss, lässt der „principles-based“ Ansatz mehr Spielraum, solange die wesentlichen Informationen im Sinne der Vorgaben transparent offengelegt werden. Konkret soll dies die Komplexität in den ESRS verringern, Unternehmen mehr Flexibilität geben und trotzdem Vergleichbarkeit sicherstellen.
- Zweitens wurde die Granularität der Datenpunkte (z. B. Aufschlüsselungen von Daten nach bestimmten Charakteristiken) reduziert, was u.a. zur Löschung einiger ESRS S1-Datenpunkte bzgl. eigenen Arbeitskräften geführt hat und den Erstellern mehr Flexibilität bei der Verwendung der Tabellen oder des narrativen Textes für die Berichterstattung über eine Reihe von Angaben verschafft hat.
- Drittens beinhaltet die veröffentlichte Revision mehr Klarheit und Stringenz bei Definitionen und Beispielen für S1 Kennzahlen zur eigenen Belegschaft.
Folgende Tabelle zeigt eine Auswahl der wichtigsten Änderungen bezüglich der narrativen Angabepflichen (S1-1 bis S1-4) sowie bezüglich der Kennzahlen, die im Rahmen der Disclosure Requirements S1-6 bis S1-17 des ESRS S1 offengelegt werden müssen, sofern das (Sub-)Thema (siehe Appendix A im 2025 Entwurf von ESRS 1) materiell ist:
DisclosureRequirement | Wichtigste Änderungen |
S1-1 Richtlinien in Bezug auf die eigene Belegschaft | Fokus liegt auf der Beschreibung von Policies, die sich auf wesentliche IROs beziehen. Darüber hinaus wird lediglich abgefragt, ob Policies Menschenhandel, Zwangsarbeit, Kinderarbeit und Gesundheits- und Arbeitsschutz/Unfallprävention abdecken, ohne weitere Angabepflichten. |
S1-2 Einbindung von Stakeholdern | § Beschwerde- und Abhilfemechanismus (ehemals S1-3) ist nun integriert in die Beschreibung der Einbindung von Mitarbeitenden. |
S1-3 & S1-4 Maßnahmen, Ressourcen und Ziele in Bezug auf die eigene Belegschaft | § Abfrage der erforderlichen Informationen ist nun zugänglicher und einfacher gestaltet. |
S1-6 Merkmale der Beschäftigten des Unternehmens | Streichung der obligatorischen Aufschlüsselung nach Geschlecht für Mitarbeiter mit nicht garantierten Arbeitszeiten Streichung der freiwilligen Aufschlüsselungen, z. B. festangestellte und befristete Mitarbeiter nach RegionKünftig wird nur noch nach der Anzahl von nicht-angestellten Beschäftigten gefragtAufschlüsselung der Beschäftigtenanzahl nach Land für diejenigen Länder, in denen das Unternehmen 50 oder mehr Mitarbeitende beschäftigt und für die zehn Länder mit der höchsten Mitarbeiterzahl |
S1-8 Tarifvertragsabdeckung und sozialer Dialog | Die Schwelle für „signifikant“, die für die Anzahl der eigenen Mitarbeiter gemäß S1-5 eingeführt wurde (50 oder mehr Mitarbeiter und die 10 größten Länder in Bezug auf die Mitarbeiterzahl), wurde auch für S1-8 eingeführt. Freiwillige Angaben zu den Arbeitsbedingungen für Mitarbeiter, die nicht unter Tarifverträge fallen, und für Nicht-Mitarbeiter in der Belegschaft wurden gestrichen. |
S1-9 Diversitäts-metriken | § Die Verpflichtung zur Offenlegung der Altersverteilung der Beschäftigten des Unternehmens wurde gestrichen. |
S1-10 Angemessene Löhne | Zur Bestimmung von angemessenen Löhnen für Beschäftigte außerhalb der EU sollen nun die ILO-Prinzipien zur Bestimmung existenzsichernder Löhne zu Rate gezogen werden. |
S1-14 Gesundheits- und Sicherheitskennzahlen | Streichung von Angaben zu „Ausfalltage” durch TodesfälleNur noch Ausfalltage aufgrund von Unfällen, Verletzungen und Krankheit müssen angegeben werden. Mehrere Punkte des Application Requirement (AR), die Leitlinien dazu enthielten, was als arbeitsbedingte Verletzung oder Krankheit gilt, wurden gestrichen. |
Die vollständige Übersicht aller 11 Disclosure Requirements von ESRS S1 finden Sie hier auf der Website der EFRAG.
Ausblick Umsetzungsempfehlung der DFGE
Es ist derzeit noch offen, wie die Angabepflichten im sozialen Bereich durch die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) final ausgestaltet sein werden. Abhängig vom Feedback der verschiedenen Stakeholder sind sowohl Ergänzungen als auch weitere Streichungen einzelner Datenpunkte möglich. Erst nach Abschluss der öffentlichen Konsultationsphase am 30. September 2025 und der anschließenden Einarbeitung der Rückmeldungen durch die EFRAG wird die überarbeitete Fassung an die EU-Kommission übermittelt.
Die DFGE empfiehlt allen Unternehmen, die Zeit bis dahin aktiv zu nutzen. Auch wenn Sie aktuell nicht unmittelbar berichtspflichtig sind oder erst durch die „Stop-the-Clock“-Verordnung in den kommenden Jahren in den Anwendungsbereich der CSRD fallen, ist es sinnvoll, sich bereits jetzt mit den sozialen Aspekten der Nachhaltigkeitsberichterstattung auseinanderzusetzen und diese zusätzlich zu Umwelt- und Governance-Themen systematisch im Reporting zu berücksichtigen.
Dass sich ein frühzeitiges Vorgehen lohnt, verdeutlicht auch eine im August von PwC veröffentlichte Studie. Die Untersuchung basiert auf Gesprächen mit mehr als 400 Führungskräften und leitenden Angestellten aus acht Ländern und zeigt, dass Investitionen in die Datenaufbereitung und eine klare Strategie im sozialen Bereich nicht nur die künftige Regulatorik absichern. Vielmehr schaffen Unternehmen damit die Basis für fundiertere Entscheidungen, ein wirksames Risikomanagement und ein gestärktes Vertrauen bei wichtigen Stakeholdern.
Nehmen Sie gerne Kontakt mit unseren Experten bei der DFGE auf und lassen Sie uns gemeinsam die passende Strategie für Ihre Nachhaltigkeitsmanagement entwickeln – Roadmaps erarbeiten, passende Tools und AI-Lösungen für Ihren HR-Bereich auswählen, Lücken identifizieren und schließen, um nicht nur Berichtspflichten zu erfüllen, sondern langfristigen Mehrwert für Ihr Unternehmen und Ihre Belegschaft zu schaffen. 📧 | 🌐 www.dfge.de
Quellen
ESRS_Simplification_Summary_of_Stakeholder_Inputs_July_2025.pdf
https://www.efrag.org/sites/default/files/media/document/2025-07/FINAL%20One%20Pager.pdf
Amended_ESRS_Exposure_Draft_July_2025_Basis_for_Conclusions.pdf
Amended_ESRS_Exposure_Draft_July_2025_ESRS_S1.pdf
Amended_ESRS_Exposure_Draft_July_2025_ESRS_S2.pdf