Autorinnen: Dr. Susanne Pankov (DFGE), Eva Kleemann (DFGE), Elisabeth Voigt (DFGE), Johanna-Anna Hansjürgens (adelphi), Alina Ulmer (adelphi)
Veröffentlichung: März 2023 (Steckbrief Nr. 1)
Hintergund
Die im Januar 2023 in Kraft getretene Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ist eine Richtlinie der Europäischen Union, die die bisher geltende Non-Financial Reporting Directive (NFRD) ablöst. Die NFRD war die Grundlage für die Berichtspflicht zur sozialen und ökologischen Verantwortung von Unternehmen in der EU. Mit der neuen CSRD verfolgt die EU das Ziel, die europäische Nachhaltigkeitsberichterstattung zu erweitern, zu verbessern und zu vereinheitlichen. Basierend auf der CSRD wird auch die deutsche Umsetzung der NFRD, das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) aus dem Jahr 2017, vollständig aktualisiert. Insgesamt sollen nichtfinanzielle Themen zu einem integrativen Bestandteil der bestehenden Offenlegungspraktiken werden. Nachhaltigkeitsberichterstattung wird damit auf die gleiche Stufe wie die finanziellen Lageberichterstattung gehoben.
Geltungsbereich
Die CSRD erweitert den Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen erheblich. Während rund 11.700 Unternehmen unter die NFRD fielen, betrifft die CSRD EU-weit ungefähr 50.000 Unternehmen, davon allein rund 15.000 in Deutschland. Die Einführung der CSRD erfolgt schrittweise:
Kapitalmarktorientierte Großunternehmen unterliegen bereits jetzt der NFRD. Sie müssen über Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2024 beginnen, CSRD-konform berichten.
Alle anderen großen Unternehmen sind für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2025 beginnen, berichtspflichtig. Als große Unternehmen gelten Firmen, die mindestens zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen:
- > 250 Beschäftigte im Jahresdurchschnitt
- > 40 Mio. € Umsatz
- > 20 Mio. € Bilanzsumme
Kapitalmarktorientierte KMU, kleine und nicht komplexe Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungsunternehmen müssen über Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2026 beginnen, berichten, wenn sie mindestens zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen:
- > 10 Beschäftigte im Jahresdurchschnitt
- > 700.000 € Umsatz
- > 350.000 € Bilanzsumme
KMU können sich bis 2028 von der Berichtspflicht befreien lassen (Opt-out Phase).
Formale Anforderungen
Während Unternehmen im Rahmen der NFRD unterschiedliche Berichtsformate anwenden konnten, ist bei der CSRD eine Berichterstattung ausschließlich im Lagebericht nach einheitlichen EU-Berichtsstandards vorgesehen. Zudem wird ein digitales, maschinell auslesbares Format angestrebt. Dies soll für eine schnellere Auffindbarkeit und Vergleichbarkeit der Informationen sorgen.
Darüber hinaus werden Unternehmen mit der CSRD erstmals dazu verpflichtet, ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung extern mit begrenzter Sicherheit (limited assurance) prüfen zu lassen. Die Anforderungen an die Prüfsicherheit könnten sich in Zukunft noch verschärfen (hinreichende / reasonable assurance).
Inhalte der Berichtsstandards
Die CSRD umfasst im eigentlichen Sinne nur das gesetzliche Rahmenwerk, das die organisatorischen Vorgaben für Gesetzgeber und Anwender liefert. Mit der Ausgestaltung der inhaltlichen Berichtsanforderungen wurde die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) beauftragt, die seit 2021 an den sogenannten European Sustainability Reporting Standards (ESRS) arbeitet. Die CSRD baut auf bestehenden Konzepten der Nachhaltigkeitsberichterstattung auf, erhöht allerdings die Ansprüche an Qualität und Detailgrad der zu berichtenden Informationen massiv.
Die von der EFRAG erarbeiteten Regelwerke bestehen aus sektorunabhängigen (Kernstandards), sektorspezifischen und organisationsspezifischen Standards.
Ein finaler Entwurf für die sektorunabhängigen Kernstandards wurde im November 2022 veröffentlicht und muss nun von der Europäischen Kommission angenommen werden. Erste Entwürfe der sektor- und organisationsspezifischen Standards werden voraussichtlich Mitte 2023 von der EFRAG zur öffentlichen Konsultation freigegeben.
Die Kernstandards umfassen zwei themenübergreifende sowie zehn themenspezifische Standards. Diese lassen sich in die Bereiche Umwelt, Soziales und Governance einteilen.
Die Grundlage der Berichterstattung bilden die beiden generellen Standards. Der erste Standard [ESRS 1] definiert allgemeine Anforderungen und formale Regeln für die Berichterstattung. Der zweite Standard [ESRS 2] fragt grundlegende Unternehmensdaten und Querschnittsinformationen zur Nachhaltigkeitsgovernance und -strategie des Unternehmens ab. Außerdem muss nach diesem Standard berichtet werden, wie nachhaltigkeitsbezogene Auswirkungen, Risiken und Chancen identifiziert werden, welche Richtlinien und Maßnahmen zur Anwendung kommen und mit welchen Zielen und Kennzahlen die Fortschritte gesteuert und überwacht werden.
In Verbindung zu den Umweltzielen der EU verpflichten die Standards Unternehmen, ihre Managementansätze zu folgenden Themen darzustellen: Klimaschutz (Mitigation) und Anpassung an den Klimawandel (Adaption) [ESRS E1], Umweltverschmutzung [ESRS E2], Wasser- und Meeresressourcen [ESRS E3], Biodiversität und Ökosysteme [ESRS E4] sowie Ressourcennutzung & Kreislaufwirtschaft [ESRS E5].
Die Standards im Bereich Soziales decken das Thema Personalverantwortung, die Wahrung von Sozialstandards entlang der Lieferkette und gesellschaftliche Aspekte ab. Die ersten beiden Standards beziehen sich auf die Arbeitsbedingungen, Gleichberechtigung und Achtung der Menschenrechte in Bezug auf die eigenen Mitarbeitenden [ESRS S1] sowie die Beschäftigten in der Wertschöpfungskette [ESRS S2].
Die beiden weiteren Standards zu Sozialthemen beziehen sich auf den Schutz der von der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens betroffenen Gemeinschaften [ESRS S3] sowie Schutz und Sicherheit der Konsumenten und Endbenutzer [ESRS S4].
Governance-Themen, über die Unternehmen nach [ESRS G1] berichten müssen, sind: Unternehmensethik und -kultur, Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten (inkl. Zahlungspraktiken), Korruption und Bestechung, politisches Engagement (inkl. Lobbying).
Berichterstattung auf Grundlage der doppelten Wesentlichkeit
Die Anforderungen der allgemeinen Berichtsanforderungen [ESRS 2] sind von allen berichtspflichten Unternehmen zu erfüllen. Die themenspezifischen Standards sind hingegen nach dem Prinzip der doppelten Wesentlichkeit anzulegen. Dabei gelten Nachhaltigkeitsthemen als wesentlich, wenn aus ihnen entweder Risiken und Chancen für den Geschäftserfolg entstehen (Outside-In-Perspektive) oder sie aufgrund der positiven oder negativen Auswirkungen des Unternehmens auf Umwelt und Menschen (Inside-Out-Perspektive) signifikant sind. Erweist sich ein Thema aus Sicht einer der beiden Dimensionen als wesentlich, ist das Berichterstattungskriterium erfüllt und ein Unternehmen muss in Einklang mit dem jeweiligen themenspezifischen Standard berichten.
Aufgrund ihrer übergeordneten Relevanz sind folgende themenspezifischen Standards unabhängig von den Ergebnissen der doppelten Wesentlichkeitsanalyse zu erfüllen: Climate Change [ESRS E1] sowie Own Workforce [ESRS S1] für Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigen.
Empfehlungen
Auch wenn nicht alle Inhalte von jedem Unternehmen offengelegt werden müssen, sollten sich Unternehmen bereits jetzt bestmöglich auf eine CSRD-konforme Berichterstattung vorbereiten. Dazu gehört, die wesentlichen nachhaltigkeitsbezogenen Auswirkungen, Risiken und Chancen zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zum Umgang mit diesen in die Wege zu leiten. Nur so können zum Zeitpunkt der Berichtspflicht zufriedenstellende Antworten auf die weitgreifenden inhaltlichen Anforderungen der CSRD gegeben werden.
Weitere Publikationen und Veranstaltungen
In Folge ist zu allen bereits bestehenden Entwürfen der themenübergreifenden, sowie den themenspezifischen Kernstandards der Bereiche Umweltziele, Sozialstandards und Governance die Veröffentlichung von Steckbriefen, sowie Webinaren geplant.
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