Am 2. April 2025 trat die neue ISCC EU Mass Balance Guidance offiziell in Kraft. Dieses Dokument bringt weitreichende Klarheit für Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette nachhaltiger Kraftstoffe und Biogase. Gleichzeitig unterstreicht es die Bedeutung des Mass-Balance-Ansatzes als zentrales Instrument zur Förderung von Nachhaltigkeit – sowohl unter regulatorischen als auch freiwilligen Standards wie ISCC PLUS.
Ein zentrales Thema dabei ist die korrekte Anwendung und Dokumentation von Chain of Custody (CoC)-Systemen. Diese Lieferkettensysteme stellen sicher, dass die nachhaltigen Eigenschaften eines Rohstoffs – etwa Herkunft, Zertifizierungsstatus oder Materialtyp – lückenlos entlang der gesamten Wertschöpfungskette nachvollzogen werden können.
1. Hintergrund: Was ist Mass Balance und warum ist es wichtig?
Der Mass Balance-Ansatz erlaubt es Unternehmen, nachhaltige und nicht-nachhaltige Materialien physisch zu vermischen, solange die nachhaltigen Eigenschaften auf buchhalterischer Ebene präzise verfolgt werden. Dabei handelt es sich um ein spezifisches Chain of Custody-Modell, bei dem zertifizierte Mengen rechnerisch über die Lieferkette verteilt werden – ohne dass physische Trennung notwendig ist.
Dieses Modell ist insbesondere unter der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) und der Durchführungsverordnung 2022/996 der EU gesetzlich verankert.
Die neue ISCC-Richtlinie konkretisiert nun, wie dieser Ansatz praktisch anzuwenden ist – z. B. in Bezug auf Produktgruppen, Zuweisungsmodelle und geografische Systemgrenzen.
2. Die Neuerungen im Überblick
Produktgruppen und chemische Ähnlichkeit
Ein zentraler Aspekt der neuen Richtlinie ist die Definition physischer Identität über ähnliche chemische Eigenschaften, Heizwerte und Dichten innerhalb sogenannter RED-Kategorien (z. B. Annex IX A/B). Nur bei ausreichender Ähnlichkeit dürfen Rohstoffe und Endprodukte als Teil derselben CoC-Einheit betrachtet und entsprechend flexibel zugewiesen werden.
Zwei Zuordnungsmodelle: Proportional vs. Flexibel
Die Richtlinie unterscheidet zwei zentrale Mechanismen innerhalb der Chain of Custody:
- Proportionale Zuordnung: Wenn Rohstoffe nicht identisch sind und physisch vermischt werden, muss jede Ausgangsmenge den exakten Nachhaltigkeitsanteil widerspiegeln.
- Flexible Zuordnung: innerhalb von Prozessanlagen kann die Nachhaltigkeit beliebig auf Endprodukte aufgeteilt werden – vorausgesetzt, bestimmte physische und regulatorische Bedingungen sind erfüllt.
Downstream: Transport, Blending und Nachverfolgbarkeit
Nach der Produktion verliert das Produkt seine Rohstoff-Identität. Die Nachhaltigkeitseigenschaft wird dann über ein dokumentiertes Chain of Custody-System weitergereicht. Dies geschieht typischerweise mittels sogenannter Proof of Sustainability (PoS) – das sind offizielle Nachhaltigkeitsnachweise, die Angaben zu Herkunft, Menge, Zertifizierungsstatus und Emissionen enthalten.
Komplexe Szenarien wie Pipelines oder gemeinschaftlich genutzte Lager („co-mingled storage“) werden nun klar geregelt: Entscheidend ist, dass „was reingeht, auch wieder rausgeht“ – nachvollziehbar dokumentiert über ein konsistentes CoC-System.
Biomethan und Bio-LNG
Für die Biomethanwirtschaft bringt die Richtlinie Klarheit: Das gesamte EU-Gasnetz gilt als einheitliches Mass-Balance-System. Damit ist ein grenzüberschreitender Nachweis nachhaltiger Moleküle auf buchhalterischer Basis möglich – vorausgesetzt, die PoS-Dokumentation bleibt durchgängig erhalten.
3. ISCC PLUS: Der freiwillige Rahmen für umfassende Nachhaltigkeit
Während ISCC EU auf regulatorische Anforderungen für Biokraftstoffe fokussiert ist, bietet ISCC PLUS ein flexibles und bewährtes System zur freiwilligen Zertifizierung für:
- Kunststoffe und Chemikalien (inkl. Rezyklate, biobasierte Monomere),
- Lebensmittel- und Futtermittelrohstoffe,
- Verpackungsmaterialien und weitere industrielle Anwendungen.
Auch hier ist ein funktionierendes Chain of Custody-System verpflichtend. Die neue ISCC Guidance bietet daher auch Unternehmen im freiwilligen Bereich eine hervorragende Grundlage für korrekte Systemanwendung, glaubwürdige Zertifizierungen und sichere Auditierung.
4. Fazit: Ein Schritt in Richtung transparenter Lieferketten
Die neue ISCC EU Mass Balance Guidance bringt dringend benötigte Klarheit für ein oft technisch und regulatorisch komplexes Thema. Sie stärkt die Glaubwürdigkeit der Massenbilanzierung in der Praxis – und ebnet den Weg für mehr Akzeptanz entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Mit ISCC PLUS erhalten Unternehmen einen starken Rahmen, um freiwillige Nachhaltigkeit im industriellen Maßstab umzusetzen und ihre Produkte – von der Verpackung bis zum Endprodukt – glaubwürdig als nachhaltig zertifizieren zu lassen.
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- ISCC PLUS für biobasierte, recycelte oder zirkuläre Materialien,
- REDcert² für die stoffliche Nutzung nachhaltiger Biomasse in industriellen Anwendungen,
- ISO 22095, der internationale Standard für Chain of Custody-Systeme zur Harmonisierung und Integration in bestehende Prozesse.
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