Bis ein T-Shirt in der Europäischen Union in den Laden kommt, hat es nach Angaben des Bundesentwicklungsministeriums 18.000 Kilometer zurückgelegt. 80 Prozent des Welthandels gründen auf weltumspannenden Wertschöpfungsketten. Sie bilden die Existenzgrundlage für mehr als 450 Millionen Menschen. Aber oft leiden diejenigen am Anfang der Lieferkette, die für Europa Kleidung oder Nahrungsmittel herstellen, unter schlechten Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit, Ausbeutung, Diskriminierung und fehlenden Arbeitsrechten.
Am 11. Juni 2021 hat der Bundestag das „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“ verabschiedet. Das Lieferkettengesetz soll der Verbesserung der internationalen Menschenrechtslage und Umweltstandards dienen, indem es Anforderungen an ein verantwortliches Management von Lieferketten für bestimmte Unternehmen festlegt.
Für wen gilt das Lieferkettengesetz?
Das „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“ tritt 2023 in Kraft und erfasst zunächst Unternehmen mit über 3.000 Mitarbeitenden. In einem zweiten Schritt ab 2024 sollen die Regelungen auch auf Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden im Inland ausgeweitet werden. Dies wird kleinere Unternehmen jedoch nur begrenzt entlasten, sofern Unternehmen zu ihren Abnehmern zählen, die die angeführten Grenzen überschreiten. In diesem Falle müssen auch sie an ihre Abnehmer berichten und ihrerseits ggf. relevante Teile der eigenen Lieferkette untersuchen.
Neben dem deutschen Lieferkettengesetz ist auch auf EU-Ebene eine Regulierung in Arbeit. Für Ende Februar 2022 ist ein neuer Entwurf der EU-Kommission zum Lieferkettengesetz zu erwarten. Für das EU-Lieferkettengesetz wird erwartet, dass die Vorgaben noch einmal deutlich über die derzeit geplanten Regelungen der Bundesregierung hinausgehen.
Welche Regelungen stehen im Gesetz?
Das Gesetz soll Unternehmen dazu verpflichten, Menschenrechte und Umweltstandards in ihren Lieferketten einzuhalten. Die Verantwortung der Unternehmen soll sich, abgestuft nach Einflussmöglichkeiten, auf die gesamte Lieferkette erstrecken. Unternehmen müssen fortan bei unmittelbaren Zulieferern sowie anlassbezogen auch bei mittelbaren Zulieferern Risiken für Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung ermitteln, Gegenmaßnahmen ergreifen und diese gegenüber dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) dokumentieren. Dabei soll es eine „abgestufte Verantwortung“ für den Weg vom Endprodukt zurück zum Rohstoff geben. Mittelbare Zulieferer sollen einbezogen werden, sobald das Unternehmen von Menschenrechtsverletzungen auf dieser Ebene „substantiierte Kenntnis“ erhält.
Der Hintergrund der Gesetzesinitiative sind die 2011 verabschiedeten Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen. Mit einem nationalen Aktionsplan wurde seitens der Bundesregierung zunächst auf ein freiwilliges Engagement der Unternehmen gesetzt. Dieser sah vor: Wenn sich bis 2020 herausstellt, dass weniger als die Hälfte der großen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachkommen, sollen „weitergehende Schritte bis hin zu gesetzlichen Maßnahmen“ geprüft werden. Ein Monitoring der Bundesregierung hatte gezeigt: Nicht einmal ein Fünftel aller in Deutschland ansässigen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten erfüllte die Anforderungen hinreichend.
ESG-Risiken entlang der Lieferkette
Umfassende Transparenz in Liefer- und Wertschöpfungsketten ist eine wichtige Voraussetzung, um die sogenannten ESG-Kriterien („Environment“, „Social“ und „(Corporate) Governance“) erfüllen zu können. Mit dem geplanten Lieferkettengesetz gilt es für Unternehmen, einen ganzheitlichen ESG-Ansatz entlang der gesamten Liefer- bzw. Wertschöpfungskette zu implementieren, von der Auswahl nachhaltiger Lieferanten und Geschäftspartner bis zur kontinuierlichen Messung und Kontrolle von Nachhaltigkeit.
Was ist jetzt zu tun?
Unternehmen sollten ihre Risikomanagement-Routinen überprüfen und gegebenenfalls nachjustieren. Mit einer Risikoanalyse können Unternehmen nachweisen, dass sie der Sorgfaltspflicht nachkommen. Dazu gehört eine Standortbestimmung bezüglich der neuen Anforderungen durchzuführen und das Risikomanagement um ESG-Risiken und die Überprüfung von Menschenrechts- und Umweltstandards zu erweitern. Ein erster Schritt ist, in den Lieferantenbedingungen auf eine „Grundsatzerklärung“ zu verweisen, mit dem das Unternehmen seine Erwartungen an die Zusammenarbeit mit dem Lieferanten verbindlich festschreibt.
Mit Inkrafttreten des Lieferkettengesetztes können betroffene Unternehmen bei einer Verletzung der Sorgfaltspflicht weltweit für Verstöße bei ihren unmittelbaren Zulieferern hinsichtlich der Missachtung von Menschenrechten und Schädigung der Umwelt vor deutschen Gerichten mit Bußgeldern belegt werden. Die DFGE kann Sie bei jedem Schritt Ihres Wegs zum ESG-Management unterstützen und Sie dadurch bestmöglich auf das Lieferkettengesetz vorbereiten. Unsere Services reichen vom Chancen-Risiko Management, über die Bewertung und Einschätzung von Nachhaltigkeitskriterien bis hin zur vollständigen Berücksichtigung der ESG-Kriterien.
Quellen:
Das neue Lieferkettengesetz und seine Auswirkungen – RiskNET
CSR – Lieferkettengesetz (csr-in-deutschland.de)
Deutscher Bundestag – Bundestag verabschiedet das Lieferkettengesetz