Mit der Ecodesign for Sustainable Products Regulation (ESPR) zu Deutsch: Ökodesign für nachhaltige Produkte, stellt die Europäische Union die Weichen für eine nachhaltigere Wirtschaft. Die ESPR ist eine neue EU-Verordnung, die seit dem 18. Juli 2024 in Kraft ist und eine umfassende Weiterentwicklung der bisherigen EU-Ökodesign-Regelung darstellt. Die Verordnung, die Teil des European Green Deals ist, zielt darauf ab, die Umweltauswirkungen von Produkten über deren gesamten Lebenszyklus hinweg drastisch zu reduzieren. Unternehmen in der EU und solche, die in den Binnenmarkt exportieren stehen damit vor tiefgreifenden Änderungen. [1]
Hintergrund und Ziele
Neben dem kommenden Circular Economy Act (CEA) ist die ESPR ein zentrales Instrument für eine zirkuläre Zukunft der EU. Die ESPR baut auf der bisherigen Ökodesign-Richtlinie auf, erweitert deren Anwendungsbereich jedoch erheblich: Während sich die alte Richtlinie hauptsächlich auf energieverbrauchsrelevante Produkte konzentrierte (z. B. Haushaltsgeräte), umfasst die ESPR künftig nahezu alle physischen Produkte auf dem EU-Markt von Kleidung über Möbel bis hin zu Elektronik und Baustoffen.
Die EU verfolgt mit Einführung der ESPR folgende Ziele:
- Einführung einheitlicher, nachhaltiger Produktanforderungen in der EU
- Reduktion von Ressourcenverbrauch, Umweltbelastung und Abfall
- Förderung fairen Wettbewerbs durch klare, EU-weit geltende Regeln
- Verankerung nachhaltiger Produkte als Norm auf dem EU-Binnenmarkt
- Ausweitung des Geltungsbereichs auf fast alle physischen Produkte (Ausnahmen: z. B. Lebensmittel, Futtermittel)
- Ablösung und Erweiterung der bisherigen Ökodesign-Richtlinie
- Rahmenregelung mit delegierten Rechtsakten: Konkrete, produktspezifische Anforderungen werden in nachfolgenden delegierten Rechtsakten produktspezifisch definiert und schrittweise umgesetzt.
Kernelemente
Die ESPR verfolgt einen lebenszyklusorientierten Ansatz. Die wichtigsten Bausteine hierbei sind:
Verbindliche ökologische Mindestanforderungen: Sie markiert einen Wandel hin zu kreislauforientiertem Wirtschaften, indem Design, Produktion und Konsum nachhaltiger gestaltet werden. Produkte müssen künftig u. a. folgende Kriterien erfüllen
- Haltbarkeit
- Wiederverwendbarkeit
- Reparierbarkeit
- Recyclingfähigkeit
- Ressourceneffizienz
- Reduzierung von CO₂-Fußabdruck und Umweltwirkungen
Digitaler Produktpass (Digital Product Passport, DPP): Ein zentrales Element ist der digitale Produktpass. Er liefert transparente Informationen entlang der gesamten Lieferkette, wie beispielsweise zu Materialzusammensetzung, Reparaturhinweisen, Nachhaltigkeitszertifikaten und CO₂-Bilanz. Der DPP stärkt Transparenz und Rückverfolgbarkeit entlang der gesamten Lieferkette.
Verbot der Vernichtung unverkaufter Ware: Besonders relevant für Textil-, Elektronik- und Konsumgüterhersteller: Die Vernichtung von nicht verkauften Produkten soll untersagt bzw. stark reguliert werden.
Verstärkte Marktüberwachung und Transparenz: Mit erweiterten Marktüberwachungsmaßnahmen sollen Verstöße besser erkannt und geahndet werden. Behörden und Marktüberwacher erhalten bessere Instrumente, um die Einhaltung der Vorschriften zu überprüfen unterstützt durch den DPP und zentrale Register. Unternehmen müssen sich vorbereiten: Datenmanagement, IT-Systeme, Lieferketten und Produktdesign müssen nachhaltigkeitsgerecht überarbeitet werden.
Green Public Procurement (GPP): Öffentliche Beschaffung soll künftig verstärkt auf nachhaltige Produktstandards setzen. Die ESPR ermöglicht verbindliche grüne Kriterien für Beschaffer auf EU-Ebene. Öffentliche Beschaffung wird als strategischer Hebel genutzt, um grüne Marktsegmente zu stärken.
Zeitplan
Die ESPR wurde im Jahr 2024 im EU-Parlament verabschiedet und befindet sich aktuell in der Phase der konkreten Umsetzung durch delegierte Rechtsakte. Diese legen produktspezifische Anforderungen fest.
Zeitplan (vereinfacht):
- 2024: Verabschiedung der ESPR durch EU-Parlament und Rat
- 2025–2027: Ausarbeitung und Inkrafttreten erster sektorspezifischer Anforderungen (z. B. Textilien, Elektronik)
- Ab 2027: Schrittweise Anwendungspflicht für betroffene Produktgruppen
Der Zeitplan für die Umsetzung der ESPR sieht vor, dass erste delegierte Rechtsakte ab Ende 2025 und in den Jahren danach eintreten, mit spezifischen Einführungsterminen für verschiedene Produktgruppen bis 2029/2030, darunter Eisen und Stahl (2026), Textilien und Reifen (2027), Möbel und Aluminium (2028) sowie Matratzen (2029). Nachfolgend eine kurze Übersicht über relevante Produktgruppen und Materialien und deren geplante Einführungstermine:
Produktgruppen/Materialien | Geplante Einführungstermine | |
Endprodukte | Textilien/Bekleidung | 2027 |
Möbel | 2028 | |
Reifen | 2027 | |
Matratzen | 2029 | |
Zwischenerzeugnisse | Eisen und Stahl | 2026 |
Aluminium | 2028 | |
Horizontale Maßnahmen: Reparierbarkeitsbewertung, Anforderungen an Rezyklatanteile und Recyclingfähigkeit |
Quelle: Eigene Darstellung
Bedeutung und mögliche Auswirkungen für Unternehmen
Anpassung von Produkten und Prozessen: Produktdesign, Materialwahl und Produktionsprozesse müssen unter Nachhaltigkeitsaspekten neu bewertet und gegebenfalls angepasst werden.
Transparenz in Lieferketten und Datenmanagement: Für den digitalen Produktpass werden umfassende Produkt- und Lieferkettendaten benötigt. Unternehmen müssen ihre IT-Systeme aufrüsten und eng mit Zulieferern kooperieren.
Compliance-Risiken und Marktchancen: Die ESPR ist nicht nur ein regulatorisches Risiko, sondern auch eine Chance:
- Compliance als Wettbewerbsvorteil
- Positionierung als nachhaltiger Anbieter
- Zugang zu nachhaltigkeitsorientierten Märkten & Investoren
Fazit
Die ESPR ist ein bedeutender Schritt auf dem Weg zu einer nachhaltigen, zirkulären Wirtschaft und wird für viele Branchen tiefgreifende Veränderungen mit sich bringen. Unternehmen, die frühzeitig handeln, können regulatorische Risiken vermeiden und sich als Vorreiter im nachhaltigen Wirtschaften positionieren.
DFGE – Institute for Energy, Ecology and Economy hilft Ihrem Unternehmen dabei, die Ziele der ESPR für Ihr Unternehmen greifbar zu machen und in praktische Maßnahmen umzusetzen. Der Schwerpunkt liegt dabei nicht nur auf regulatorischen Anforderungen, sondern insbesondere auf den Auswirkungen auf Ihr Geschäft, dem Wertschöpfungspotenzial für Ihr Unternehmen sowie die Entwicklung einer resilienten Strategie.
Wir unterstützen Ihr Unternehmen gerne bei diesem wichtigen Thema. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an oder telefonisch unter +49 8192 99733-20.