Hintergund
Um dem rapiden Biodiversitätsverlust und der Verschlechterung der Ökosysteme etwas entgegenzusetzen (laut World Economic Forum eine der vier größten Risiken weltweit [1]), wurde im Mai 2020 die EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 verabschiedet. Das Ziel ist es, den negativen Entwicklungen Einhalt zu bieten und einen umfassenden Rahmen an Verpflichtungen & Maßnahmen zur Bekämpfung der Hauptursachen für den Verlust der Biodiversität zu erstellen:
- Land- und Meeresnutzungsänderungen
- Übernutzung biologischer Ressourcen
- Klimawandel
- Umweltbelastung
- invasive gebietsfremde Arten.
Wichtige Eckpunkte sind unter anderen der Ausbau von Schutzgebieten zu Land und zu Wasser, ein EU-Plan zur Wiederherstellung der Natur mit Maßnahmen wie die Reduzierung des Einsatzes von Pestiziden, die Festlegung eines EU-Rahmens für die Steuerung der biologischen Vielfalt und den Einsatz für eine ehrgeizige globale Biodiversitätsagenda. Auch wird auf die Einbindung von Unternehmen und deren Verantwortung eingegangen. Diese unternehmerische Verantwortung wird auch in der aktualisierten Convention on Biological Diversity (Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework) in Ziel 15 festgehalten: Unternehmen sollen bis 2030 ihre Auswirkungen auf und ihre Abhängigkeiten von Biodiversität messen und berichten. Dieses Ziel wird als Standard ESRS E4 in der Corporate Sustainable Reporting Directive (CSRD) umgesetzt.
Der Standard ESRS E4 beinhaltet konkrete Disclosure Requirements (Offenlegungs-Anforderungen) über Auswirkungen und Abhängigkeiten eines Unternehmens in Bezug auf Ökosysteme an Land und im Wasser (Süßwasser & Meere), Spezien (Fauna & Flora), und die Diversität zwischen und innerhalb von Ökosystemen und Spezien. Auch soll über die Risiken und Chancen (IROs – Impacts, Risks, and Opportunities), sowie damit verbundene Strategien, Maßnahmen und finanzielle Auswirkungen, die auf den identifizierten Auswirkungen und Abhängigkeiten beruhen, berichtet werden. Im Folgenden werden die wichtigsten Inhalte dieses Standards kurz und übersichtlich dargestellt.
Inhalte des Biodiversitäts & Ökosysteme Standards ESRS E4
Der Standard teilt sich in General Disclosures, Impacts, Risks and Opportunities sowie Metrics and Targets auf.
General Disclosures
Neben den generellen Anforderungen aus ESRS 1 und ESRS 2, verlangt ESRS E4 eine Beschreibung davon, wie Auswirkungen und Abhängigkeiten im Bezug auf Biodiversität in der Unternehmensstrategie berücksichtigt werden.
Strategy
Ein Disclosure Requirement fällt unter diesen Punkt:
- E4-1 – Transition plan and consideration of biodiversity and ecosystems in strategy and business model: hier kommt es vor allem darauf an zu zeigen, wie resilient das Unternehmen und ihr Geschäftsmodell ist, hinsichtlich Biodiversitäts-Abhängigkeiten und -Risiken. Weiterhin soll beschrieben werden, inwiefern das Geschäftsmodell kompatibel ist mit den Biodiversitätszielen, die in regionalen, nationalen und globalen Rahmenwerken festgelegt sind. Es ist auch möglich (aber nicht zwingend notwendig), einen Plan vorzuweisen, der aufzeigt, wie das Geschäftsmodell und die Unternehmensstrategie an den Zielen des Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework, die EU Biodiversitäts-Strategie für 2030 und an planetaren Grenzen angepasst werden kann.
Impacts, Risks and Opportunities (IRO)
Drei Disclosure Requirements fallen unter diesen Punkt:
- Disclosure Requirement related to ESRS 2 IRO-1 Description of processes to identify and assess material biodiversity and ecosystem-related impacts, risks, dependencies and opportunities: Die Beschreibung der Prozesse um Auswirkungen, Abhängigkeiten, Risiken und Chancen zu identifizieren, und die Offenlegung über Standorte in oder in der Nähe von Naturschutzgebiete oder andere biodiversitäts-sensiblen Regionen, und ob und wie die Geschäftsaktivitäten eine negative Auswirkung auf die Biodiversität an diesen Standorten haben.
- E4-2 – Policies related to biodiversity and ecosystems: Offenlegung der Policies und Richtlinien des Unternehmens um Auswirkungen, Abhängigkeiten, Risiken und Chancen, die für Biodiversität relevant sind, zu managen.
- E4-3 – Actions and resources related to biodiversity and ecosystems: In diesem Datenpunkt soll das Unternehmen alle Aktivitäten und Maßnahmen beschreiben, die zur Erreichung der Biodiversitätsziele führen. Die Maßnahmen müssen Bezug zu der Abhilfemaßnahmenhierarchie haben (Vermeidung, Minimierung, Wiederherstellung und Kompensation/Offsets), und wenn Biodiversitäts-Kompensationsprojekte umgesetzt werden, muss auch dies angegeben werden.
Metrics and Targets
Drei Disclosure Requirements fallen unter diesen Punkt:
- E4-4 – Targets related to biodiversity and ecosystems: Offenlegung und Beschreibung der Biodiversitätsziele und inwiefern die Ziele ökologischen Schwellenwerten unterliegen und Bezug zu globalen oder nationalen Rahmenwerken oder Gesetzen haben. Weiterhin soll aufgezeigt werden, wie die Ziele die IROs und Level der Abhilfemaßnahmenhierarchie adressieren.
- E4-5 – Impact metrics related to biodiversity andecosystems change: Offenlegung von Indikatoren, die verwendet werden, um Auswirkungen, Abhängingkeiten oder Maßnahmen zu messen und zu überwachen.
- E5-6 – Anticipated financial effects from material resource use and circular economy-related risks and opportunities: Offenlegung der erwarteten finanziellen Risiken, die sich aus den identifizierten Auswirkungen und Abhängigkeiten ergeben. Dazu gehört die Art und Weise, wie sich diese Risiken kurz-, mittel- und langfristig wesentlich auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens auswirken oder voraussichtlich auswirken werden. Dies soll nach Möglichkeit quantifiziert werden. Sollte das nicht möglich sein (aufgrund unangemessener Kosten oder Aufwand), sind auch qualitative Informationen während der ersten drei Berichtsjahren möglich.
Einschätzung der Wesentlichkeit
Das Thema Biodiversity and Ecosystems dürfte sich für eine Vielzahl von Unternehmen als wesentlich herausstellen. Das liegt unter anderem an den Abhängigkeiten von Biodiversität und Ökosystem-Dienstleistungen, die bei fast allen Unternehmen, groß oder klein, vorhanden sind. Dazu kommt die starke Interaktion zwischen ESRS E4 und den anderen Umweltstandards. Im ESRS E4 wird deutlich betont, dass Biodiversität unmittelbar mit Climate Change (E1), Pollution (E2), Water and Marine Resources (E3) und Circular Economy (E5) interagiert. Diese starken Zusammenhänge lassen durchaus vermuten, dass E4 zu einem wesentlichen Thema werden kann, da eine Biodiversitätsstrategie zwangsläufig die anderen Umweltthemen mitberücksichtigen muss, und umgekehrt wichtige Strategien und Maßnahmen zur Bewältigung der IROs der anderen Umweltstandards biodiversitäts-relevante Themen beinhaltet.
Herausforderung: Biodiversität – hohe Komplexität
Die Erkenntnis über die Wichtigkeit der Bekämpfung des Klimawandels ist mittlerweile bei den meisten CEOs angekommen. Leider steht es um die Wahrnehmung des Biodiversitätsverlustes anders. Hier fehlt es oft an Verständnis für die Auswirkungen auf und Abhängigkeiten von der Biodiversität. Dazu kommt die hohe Komplexität, denn Biodiversität ist nicht nur Standort-abhängig, sondern auch eine temporale Angelegenheit. Es reicht nicht aus, Daten zu einem spezifischen Zeitpunkt zu liefern, sondern Unternehmen müssen auch Trends und Veränderungen der vorhandenen Spezien und Zustand der Ökosysteme mitverfolgen. Zudem kommt die Tatsache, dass es noch keine Standards für Indikatoren oder Messmethoden gibt. Eine Vielzahl an Methoden, Datenquellen und Studien auf dem Markt erschweren das Anliegen zusätzlich. Es gibt auch keinen Biodiversitäts-Indikator, wie der Äquivalenzfaktor beim Klimawandel, sondern Biodiversität setzt sich aus vielen unterschiedlichen Indikatoren zusammen.
DFGE Ansatz
Welche Auswirkungen haben Ihre Geschätsaktivitäten auf die Biodiversität und wie sehr ist Ihr Unternehmen von Ökosystemdienstleistungen abhängig? Vielen Unternehmen fehlt das Verständnis und die DFGE bietet hier Unterstützung durch eine erste Wesentlichkeitsanalyse, die auch Rücksicht auf Abhängigkeiten nimmt. Wir erklären Ihnen die Anforderungen der CSRD und evaluieren Ihre aktuellen Richtlinien und Maßnahmen, um Lücken aufzudecken, aber auch um vorhandene Maßnahmen, die für Biodiversität relevant sein können (e.g. Maßnahmen um Emissionen, Wassernutzung oder Abfall zu reduzieren), zu optimieren. Anschließend erstellen wie einen priorisierten Fahrplan, um die anstehenden Herausforderungen der CSRD rechtzeitig zu bewältigen.
Unsere Expert*innen im Bereich Biodiversität können Ihnen zudem dabei helfen, Maßnahmen und Aktivitäten zu identifizieren, um negative Auswirkungen zu vermeiden. Gerne unterstützen wir Ihr Unternehmen bei diesem wichtigen Thema. Bei Fragen, kontaktieren Sie uns gerne via oder telefonisch 08192-99733-20.
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Quellen:
https://www3.weforum.org/docs/WEF_Global_Risks_Report_2023.pdf
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex%3A52020DC0380
https://www.cbd.int/gbf/targets/15/
EUROPEAN SUSTAINABILITY REPORTING STANDARDS, Ref. Ares(2023)4009405 – 09/06/2023
[1] Die anderen drei der zehn größten Risiken innerhalb der nächsten zehn Jahre sind die erfolglose Bekämpfung des Klima-Wandels, die erfolglose Anpassung an den Klima-Wandel sowie Naturkatastrofen und extreme Wetterereignisse, https://www3.weforum.org/docs/WEF_Global_Risks_Report_2023.pdf