Scope 3.1, wie im „Corporate Value Chain (Scope 3) Accounting and Reporting Standard“ des GHG-Protokolls beschrieben, umfasst die Bilanzierung und Berichterstattung von Treibhausgasemissionen aus vorgelagerten Aktivitäten im Zusammenhang mit eingekauften Waren und Dienstleistungen. Dies umfasst alle indirekten Emissionen, die in der vorgelagerten Lieferkette entstehen, mit Ausnahme der eigenen Aktivitäten des berichtenden Unternehmens. Diese Emissionen können durch verschiedene Aktivitäten entstehen, z. B. durch die Produktion von Rohstoffen, den Transport dieser Materialien zu den Lieferanten und die eigentlichen Herstellungsprozesse bei den Lieferanten.
Unternehmen müssen daher detaillierte Daten von ihren Lieferanten sammeln. Dies kann Informationen zu Emissionsfaktoren, Energieverbrauch und spezifischen Aktivitäten, die zu Emissionen führen, beinhalten. Lieferanten sind deswegen immer mehr aufgefordert, vom berichtenden Unternehmen bereitgestellte Datenerfassungsvorlagen auszufüllen, die die Emissionen entlang der gesamten Lieferkette detailliert darstellen.
Entscheidender Faktor: Supplier Engagement
- Die Zusammenarbeit mit Lieferanten ist entscheidend für eine genaue Erfassung von Scope 3.1-Emissionen. Unternehmen werden ermutigt, eng mit ihren Lieferanten zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass geeignete Praktiken zur Messung und Verwaltung von Treibhausgasen (THG) vorhanden sind.
- Die von den Lieferanten bereitgestellten Emissionsdaten sollten von einer dritten Partei überprüft oder durch die zur Berechnung des THG-Inventars verwendeten Daten gestützt werden, um die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der berichteten Emissionen zu gewährleisten.
Berichtsanforderungen werden immer granularer
- Unternehmen müssen alle Scope 3-Emissionen erfassen und etwaige Ausnahmen offenlegen, wobei Begründungen für solche Ausnahmen gegeben werden müssen.
- Emissionen aus jeder Scope 3-Kategorie sollten in metrischen Tonnen CO2-Äquivalenten angegeben werden.
- Unternehmen sollten auch Beschreibungen der Datenquellen, Emissionsfaktoren, Methoden und Annahmen bereitstellen, die zur Berechnung der Scope 3-Emissionen verwendet wurden
Eine pragmatische & praktische Anwendung steht im Vordergrund
Um eine effektive Umsetzung der Scope 3.1-Erfassung und des Lieferantenengagements zu erreichen, könnten Unternehmen folgende Schritte unternehmen:
- Entwicklung von Lieferantenrichtlinien: Lieferanten klare Richtlinien und Werkzeuge zur Berechnung und Berichterstattung ihrer Emissionen bereitstellen.
- Regelmäßige Kommunikation: Etablierung regelmäßiger Kommunikationskanäle mit Lieferanten, um THG-Reduktionsziele und -fortschritte zu besprechen.
- Schulung und Unterstützung: Schulungen und Unterstützung für Lieferanten anbieten, um ihnen die Bedeutung der THG-Erfassung und die korrekte Berichterstattung ihrer Emissionen zu vermitteln.
- Anreize zur Teilnahme: Anreize für Lieferanten schaffen, um an THG-Reduktionsprogrammen teilzunehmen, wie zum Beispiel den Status als bevorzugter Lieferant oder finanzielle Anreize für das Erreichen von Emissionsreduktionszielen.
Durch die Umsetzung dieser Maßnahmen können Unternehmen eine genauere und umfassendere Erfassung ihrer Scope 3.1-Emissionen sicherstellen, was letztlich zu einer effektiveren Verwaltung und Reduktion von Treibhausgasen führt.
Unterstützung durch die Expertise der DFGE
Das DFGE Whitepaper “More accurate Greenhouse Gas Calculation using the TopDown weight-based Approach – Comparing spend-based vs. weight-based approach”. untersucht die Genauigkeit von Treibhausgasberechnungen in Unternehmenswertschöpfungsketten, insbesondere für vorgelagerte Quellen, und vergleicht dabei die gebräuchliche Spend-based Methode mit einer belastbaren und vorzuziehenden aktivitäts- und gewichtsbasierten Top-Down-Methode. Doch was genau verbirgt sich hinter diesen Begrifflichkeiten
Spend-based Methode: Diese Methode berechnet Emissionen basierend auf dem wirtschaftlichen Wert der gekauften Güter und nutzt Emissionsfaktoren, die auf den monetären Wert der Produkte angewendet werden.
Gewicht-basierte Methode: Diese Methode berechnet Emissionen basierend auf physischen Daten wie Gewicht oder Volumen der gekauften Güter und verwendet material-spezifische Emissionsfaktoren.
Top-Down Ansatz: Zur Reduzierung des Aufwands bei der gewichtsbasierten Methode wurde ein Top-Down-Ansatz verwendet, der auf dem 80/20-Pareto-Prinzip basiert, um den Großteil der Emissionen mit weniger Aufwand zu erfassen.
Die zentralen Top 5 Erkenntnisse zusammengefasst
- Vergleich der Methoden: Die Studie ergab, dass die Spend-based Methode die Emissionen in einem Fallbeispiel eines multinationalen Chemie- und Pharmaunternehmens um 11% überschätzte. Innerhalb einzelner Einkaufskategorien betrugen die Abweichungen im Durchschnitt 61%.
- Ergebnisse: Die weight-based Methode ergab eine Emissionsmenge von 1,172 Millionen Tonnen CO2e für das Unternehmen, während die Spend-based Methode eine Emissionsmenge von 1,314 Millionen Tonnen CO2e ergab.
- Genauigkeit vs. Aufwand: Die weight-based Methode erfordert mehr Aufwand, liefert jedoch genauere Ergebnisse, was für fundierte Entscheidungen zur Emissionsreduktion wichtig ist.
- Unsicherheiten bei Spend-based Methode: Die Spend-based Methode ist aufgrund von Preisfluktuationen und der allgemeinen Natur der verwendeten Emissionsfaktoren anfällig für Ungenauigkeiten.
- Praktische Anwendbarkeit: Die Studie zeigt, dass die gewichtbasierte Top-Down-Methode trotz höherem Aufwand praktikabel und für Unternehmen nützlich ist, die ihre Emissionen genauer berechnen und reduzieren möchten. Durch den Top-Down-Ansatz können Unternehmen eine genaue Emissionsbewertung durchführen, ohne den hohen Aufwand der vollständigen Analyse aller Produkte und Materialien. Die Methode hilft dabei, Emissions-Hotspots in der Lieferkette zu identifizieren, was die Priorisierung von Reduktionsmaßnahmen erleichtert.
Quellen:
Corporate-Value-Chain-Accounting-Reporing-Standard_041613_2.pdf (ghgprotocol.org)
Whitepaper: Spend-based vs. weight-based approach – DFGE – Institute for Energy, Ecology and Economy
ARBURG GmbH + Co KG – DFGE – Institute for Energy, Ecology and Economy